Im Alltag passieren so schöne Geschichten - erzählenswert und wunderbar - eben Alltagswunderbarkeiten - meine Lieblingsgeschichten erzähle ich hier in meinem Blog: 

11.07.2020

Wertschätzungssysteme

„Vielleicht hätte ihm Wertschätzung all die Jahre gut getan“, sagte ich in einem Gespräch in dem es um einen jungen Mann ging, der seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hat.
„Und wofür? Der hat doch nichts geschafft“, antwortete mein Gegenüber, „etwa einfach dafür, dass er da war.“
„Ja genau, einfach dafür, dass er da war“, tief berührt habe ich das Gespräch in dem Moment beendet und bin weitergegangen, aber die Worte hingen und hängen mir nach.

Wofür sonst sollte es Wertschätzung geben als dafür, dass wir da sind und so sind wie wir sind? Wenn das anders wäre würde es ja bedeuten, dass es für Wertschätzung, Liebe, Respekt, Würde, Toleranz und alles andere was für uns so wichtig ist irgendwelche Vorgaben geben müsste. Ich fang mal an zu spinnen, wie diese aussehen könnten:

Wertschätzung für Erwachsene gibt es ab 2000 Euro brutto, Respekt aber erst, wenn man dazu noch ehrenamtlich in mindestens einer Organisation tätig ist. Ausnahme davon könnten Menschen sein, die nachweisbar unverschuldet in Not geraten sind und Unterstützung beziehen. Die erhalten für maximal ein Jahr Wertschätzung und auch eine Prise Mitleid. Respekt gibt es dann aber erst wieder, wenn sie es geschafft haben sich selbst aus der Situation herauszuarbeiten. Toleranz für vermeintliches anders sein gibt es, wenn damit mindestens fünfstellige Umsätze erzielt werden und man nachweisen kann, dass das Anderssein in irgendeiner Form berechtigt ist. Bei Liebe könnte man Glück haben, jemandem begegnen und die Liebe ist einfach da. Liebe im großen Stil, die muss man sich aber hart verdienen (an den Richtlinien dafür wird seit Jahren erfolglos gearbeitet, weil die Liebe die Liebe ist und die macht bekanntlich was sie will. Sie kommt, geht und bleibt, nicht greifbar, nicht planbar, nicht zu konservieren. Die Liebe ist einfach nur zu leben - in all ihren Facetten).

Tja, egal wie, es wird nicht funktionieren Werte in Regeln zu verpacken, sie zu strukturieren und daraus ein Gesamtsystem zu entwickeln. Also ist nach meinem Empfinden der einzige Weg den wir haben, der jedem Menschen Wertschätzung, Liebe, Respekt, Toleranz, Würde entgegen zu bringen.

Ich muss ja nicht alles gut finden, was andere meinen, sagen, machen. Aber das mindeste ist doch es zu tolerieren ohne es zu bewerten und unserem Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen. Wenn mir nicht gefällt was ich sehe, kann ich ganz ruhig und friedlich weitergehen. Das hat dann wieder mit Wertschätzung, auch mir selbst gegenüber zu tun und die haben wir alle verdient, spätestens in dem Moment, wenn wir nackt und bloß auf die Welt kommen. Einfach weil wir da sind – weil Du da bist – so wie Du bist und damit die Welt ein bisschen bunter und vielfältiger ist.

Heyka - 14:10:32 @ Alltagswunderbarkeiten | Kommentar hinzufügen

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